Ich wurde mit diesem Gedanken und Gefühl schon im Leib meiner Mutter „genährt“. Geboren von einer Frau, die „ihr Frau“ sein an sich hasste, zutiefst verstört, krank und unfähig war zu lieben. Ich wuchs heran mit der Überzeugung, wertlos zu sein. Als Mensch, als Kind, als Mädchen. Ich verzehrte mich nach Aufmerksamkeit nach etwas Liebe. Ständig hatte ich ein schlechtes Gewissen, weswegen? Ich fühlte mich schuldig geboren worden zu sein. Wie furchtbar musste ich sein, wie abgrundtief schlecht wenn nicht mal meine Mutter mir etwas liebe geben konnte? Ich bemühte mich, war brav, unsichtbar, versuchte immer, ihr alles recht zu machen.
Jahrzehnte lang suche ich die Schuld bei mir. Zerlegt ihr Verhalten bis ins kleinste Detail. Wollte verstehen, was war an mir so schlimm? Aber ich fand keine Antwort auf meine Fragen. Erst als ich aufhörte sie in Schutz zu nehmen, nach Erklärungen für ihr Verhalten zu suchen, kam ich ins Fühlen, UND DAS TAT WEH.
Unter all dem Schmerz kam Wut hoch. Wut auf meine Mutter. Wut auf ihr Verhalten auf ihre Krankheiten, ich schrie mir diese Wut aus dem Leib, tobte und weinte. Und dann fand ich sie, die wahre kleine Michaela. Sie stand vor mir und stellte die Frage, die ich mir nie getraut hatte zu stellen, „Warum hat mich Mama nicht lieb“. Wie erklärt man einer 3-jährigen warum ihre Mama sie nicht lieben kann? Ich nahm sie in den Arm, und wir weinten beide.
Ich habe erkannt, dass all dieses Zerlegen im Verstand meine Ausrede war, nicht fühlen zu müssen. Der einzige Weg zur Heilung ist der, indem man den Verstand loslässt und ins Herz kommt, ins fühlen kommt. Egal was sich dort zeigt, welche Schatten endlich erwachen dürfen. Wenn du weiter kommen willst, musst du deinen Verstand verlieren. Echte Erlösung findest du nur im Herzen.
Dieses verletzte Kind in erwachsenen Gestalt, kann nicht wirklich etwas anfangen damit. Den ein Kind kann nicht verstehen, was damit gemeint ist, denn was soll es sich den verzeihen? Wenn ich mir etwas zu verzeihen habe, muss ich mir nicht vorher Schuld aufgeladen haben?
Es geht doch in erster Linie, darum Frieden zu finden, diesen Schmerz in uns anzusehen und ihn nicht länger mehr zu verdrängen.
Und dazu muss man ihn akzeptieren und dieses akzeptieren und annähmen bringt schon so viel Heilung mit sich und vor allem nimmt es den Druck aus uns. Niemand hat das Recht, uns zu sagen, was oder wen wir vergeben müssen. Um überhaupt mal an Vergebung denken zu können, muss man mal dieses verletzte Kind wahrnehmen, es Ernst nehmen und heilen. Der nächste Schritt wäre, alles was einem passiert ist, anzunehmen und zu akzeptieren.
Denn muss ich alles vergeben können? Ich sage Nein.
Vergeben ist ein Prozess, der am Ende steht, nie am Anfang.
Da sind so viele Schritte vorher so viele Tränen zu weinen, die vielleicht irgendwann mal Vergebung mit sich bringen.